Empfohlene Lektüre: Wim Wenders‘ „The Act of Seeing“.

Das MAG 12/22

REZENSION von Cristina Morozzi

The Act of Seeing by Wim Wenders banner

Wim Wenders regt dazu an, die von kindlichem Staunen getragene Neugier wiederzuentdecken und schlägt vor, hinzusehen, ohne zu urteilen.

Wim Wenders‘ The Act of Seeing, 2022 in italienischer Sprache bei Meltemi (Mailand) erschienen, besteht aus vielen Geschichten: Einerseits ist es eine Biografie und eine Geschichte seiner Tätigkeit als Filmemacher, mit der bewegenden und nostalgischen Erinnerung von Berlin unmittelbar nach dem Fall der Mauer; Und auf der anderen Seite ein theoretischer Essay über das Sehen, eine Tätigkeit, die erlernt und perfektioniert wird, genährt von der Neugier auf das Wissen in all seinen Facetten und dem Wissen, wie man sich ohne die Hektik der Anhäufung mit Bildern beschäftigt. „The Act of Seeing“ ist ein Handbuch und Leitfaden mit philosophischer Ausrichtung, geschrieben von einem Filmemacher, der sein Geschäft auf „Sehen“ aufgebaut hat und der uns einlädt, zu lernen, wie man Geschichten über Menschen, Städte, Wüstenlandschaften und Objekte erzählt.

The Act of Seeing by Wim Wenders - Design Italy

 

Wim Wenders ermutigt uns, die von kindlichem Staunen befeuerte Neugier wiederzuentdecken, und schlägt vor, hinzuschauen, ohne zu urteilen, „denn ein Bild drängt uns im Gegensatz zu einem Gedanken keine Meinung über Dinge auf (...)“. Denn er argumentiert, dass in einem Bild eine potenzielle Wahrheit latent bleibt, während hinter Geschichten Lügen stecken.

Das sind 270 Seiten, die eine sorgfältige Lektüre verdienen, denn sie könnten sogar als therapeutisch bezeichnet werden. Sehen lernen bedeutet, dem Leben einen Sinn zu geben, auch dem eintönigen Leben. Das Schauen inspiriert unser Denken und nährt unser Gedächtnis, weckt Emotionen und den Austausch.